Meine Mutter hatte ausgemistet und in einem Stapel ausrangierter Bücher entdeckte ich ein Buch, das mir einst sehr viel bedeutete.
Beim Anblick des Einbandes und der Überschrift “Schöne geheimnisvolle Welt – von den Wundern der Natur bis zu den Meisterwerken der Baukunst”, tauchten lang vergessene Erinnerungen in mir auf.
Ich klappe den Buchdeckel auf und bin wieder 10 Jahre alt.
Verzaubert betrachte ich die Fotos von Persepolis, den Pyramiden von Gizeh, Pompeji, die Festung Masada, die Tempel von Tikal und der Dschungel, die Golden Gate Bridge, die rosarote Residenz von Jaipur, Meenakshi- die Tempeltürme von Madura u.v.a.
Das Buch beginnt mit den einleitenden Worten:
Bei William Shakespeare (Hamlet, 1.Akt, 5. Szene) kann man nachlesen, dass es mehr Dinge im Himmel und auf Erden gibt, als unsere Schulweisheit sich träumen läßt. Und bei Johann Wolfgang von Goethe (Faust, Vorspiel auf dem Theater) steht, man brauche nur ins volle Menschenleben hineinzugreifen- wo man es packe, sei es interessant.
Damals, mit 10, beschloss ich, dass ich all diese Länder besuchen wolle, ihren Geräuschen lauschen und ihren Duft inhalieren:
“All das will ich erleben, wenn ich groß bin!”
Damals war ich mir ganz sicher.
Für Sekunden, war sie wieder da, die Gewißheit und die Zuversicht einer 10jährigen-,..die jedoch durch leise einsetzende Wehmut abgelöst wurde; denn,- bisher erlebte ich keinen dieser Orte.
Noch einmal lese ich das Vorwort des Buches.
„Oh ja, ich greife definitiv jeden Tag ins volle Menschenleben,
wann immer ich es zu packen kriege“, denke ich laut und ironisch,
„das Leben ist bisher der einzige Dschungel, durch den ich mich schlagen durfte!” Kaum habe ich diese Worte laut ausgesprochen, erschrecke ich ein wenig, denn mir wird klar:
Ich klinge kerngefrustet und undankbar und SO will ich nicht weiterdenken!
SO will ich nicht werden!
Die Kunst des Lebens scheint darin zu bestehen,
sich niemals durch Widrigkeiten, Ungerechtigkeiten,
unerfüllte Wünsche, und den damit einhergehenden Schmerz,
verbittern zu lassen.
Ich glaube, man verwechselt genau dies mit “Erwachsen werden”,
obwohl es eher ein „Verwachsen werden“ ist.
Das größte Abenteuer, das es zu leben gilt, liegt wohl tatsächlich in uns selbst, vielleicht sogar darin, das Alltägliche zu meistern,
und doch bin ich unerschütterlich davon überzeugt:
Wer alte und neue Träume zu träumen wagt,
Hoffnung kultiviert,
wer einen klaren und offenen Blick behält,
wer sich nicht verbittern und verwachsen läßt,
der erfährt alle Möglichkeiten und
der erlebt, daß es mehr Dinge im Himmel und auf Erden gibt, als unsere Schulweisheit sich träumen läßt……
Manchmal lohnt es sich tatsächlich, einen alten Buchdeckel wieder aufzuklappen.
AUF IN EIN WEITERES ABENTEUER….
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