Noch einen Monat, dann ist es wieder soweit. Weihnachten.
Bis vor ein paar Jahren stand Dein Geschenk schon immer fest.
Es war stets ein Puzzle, denn: “Dann hat er was zu tun.”
Es war ein Puzzle, bis die Diabetes dich fast erblinden ließ.
Und so schenkte ich Dir Hörbücher, die Du dir nie angehört hast.
Weil nichts die Puzzle wirklich ersetzen konnte.
Früher wurde eine Spanplatte auf Puzzlegrösse zurechtgeschnitten,
da ansonsten der Esszimmertisch für Wochen blockiert war.
Und ganz früher wurden die fertigen Puzzle dann mit der Presse
auf die fertige Spanplatte geleimt.
Und, wenn es Dir völlig ernst war, so dienten die geleimten Puzzle
mitunter unsäglicherweise als Wandschmuck. (ohne Worte)
Doch seit kurzem ist die Holzpresse aus der Werkstatt nicht mehr da.
Verschwunden, wie deine Sehfähigkeit vor Jahren.
Verschwunden – wie Du.
Nur der Karton des 18.000 Teile Puzzles, das wir Dir vor 10 Jahren
geschenkt haben, steht noch da und beinhaltet noch zwei Restpuzzle á 4500 Teile.
Eins hast Du damals geschafft und eins habe ich damals geschafft.
Was allerdings UNS schaffte, war dieser verdammte Goldrand.
Aber wer zur Hölle braucht schon ein Riesenpuzzle mit fertigem Goldrand?
Seit Jahren habe ich das Weihnachtspuzzle vermisst.
Beim puzzlen haben wir uns so gut wie nie gestritten.
Ich mochte das.
Dies wird mein erstes Weihnachten ohne Dich
und ich habe Angst, wenn ich daran denke.
Weil ich weiß, daß es ein trauriges Weihnachten sein wird.
Weil Dein Sessel leer bleibt, und weil Mama höchstwahrscheinlich
trotzdem diese schaurigen seeligen Kirchenchorlieder irgendwo abspielen
wird, die ich schon immer fürchterlich gehasst habe –
und die Du oft inbrünstig mit dem Habitus eine Opernsängers mitgesungen hast, weil Du genau wußtest, daß Du mich damit auf die Palme bringen konntest.
Mein erstes Weihnachten ohne Dich, Papa.
Aber ich weiß, daß es gut ist, wie es ist.
Ich weiß, daß es gut ist wie es ist,
weil die letzten Jahre deines Lebens eine Last für Dich waren.
Und ich weiß, daß Du erleichtert warst, als Sie Dir von den
Schultern genommen wurde.
Ich weiß es, seit ich an deinem Krankenbett stand, das letzte Mal
mit Dir sprach und Dir dabei sagte, daß ich dich lieb habe und daß
Du nun unbedingt mal schlafen solltest, um wieder gesund zu werden.
Ich weiß es, seit Du mich anschautest und deine Antwort:”Müde.”
lautete, während ich das Sauerstoffgerät über deinem Mund festhalten mußte.
Plötzlich war da dieses tiefe Verständnis zwischen uns –
eine Art unsichtbares Band:
Ich wußte; Du wolltest gehen.
und ich wußte auch: Ich konnte Dich gehen lassen.
9 Tage später bist Du dann gegangen.
Du hast Frieden verdient, Papa.
Ich gönne ihn Dir von Herzen.
Es ist gut, wie es ist.
Und doch fühlt es sich nicht so an.
Und ich habe Angst vor diesem Weihnachtsfest.
Und ich will diese bescheuerten Kinderkirchenchorgesänge nicht hören.
Weil ich dann weinen muß und weil ich sie immer schon so unsagbar beschissen fand, daß es dafür keine Worte gibt…..
Weißt Du, was ich tun werde?
Ich werde irgendwo eine “Weihnachten mit den Sex Pistols” CD auftreiben.
Und ich werde auf Dich trinken
und während ich auf Dich trinke,
werde ich puzzlen……
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