Mein Papa ist ein guter Mann.
Einst besass er eine Firma und Mitarbeiter.
Er war stark und er war laut
und er erinnerte mich oft an Bud Spencer.
“Betrat der einen Raum, so
brachte er Licht und Lachen in unser Büro”,
sagte neulich eine fremde Dame,
“wir alle haben uns immer gefreut,
wenn seine cognacbraune Lederjacke
im Türrahmen auftauchte. Man
konnte ihm sein gutes Herz ansehen.”
Bei dieser Erinnerung lächelte sie.
Mein Papa hat eine grosse Klappe,
aber auch ein grosses Herz.
Durch menschliche Fehler und
andere Faktoren verlor er seine Firma.
Lange Zeit versuchte er alles Mögliche,
damit er seine Mitarbeiter weiter behalten konnte.
Irgendwann ging das nicht mehr.
Auf dem Tiefpunkt der Insolvenz
betrat er eines
abends die Kneipe, um Zigaretten zu holen.
Lange Zeit stand er im Vorraum
und hörte, wie man über ihn sprach:
“Was ER falsch gemacht hätte,
was SIE an seiner Stelle getan hätten….”
Und er tat Etwas, das er vorher niemals getan hat:
Er drehte sich um und ging.
Von diesem Zeitpunkt an, war er nicht
mehr derselbe.
Er zog sich zurück und begann
die Dorfgemeinschaft
zu meiden.
Es war SEINE Entscheidung.
Mir tat das unglaublich weh,
denn ich liebe unsere
Dorfgemeinschaft nach wie vor sehr.
Mittlerweile ist es 10 Jahre her
und er leidet noch immer.
Seit seine Friseurin vor 2 Jahren starb,
sitzt er in seinem Sessel und sein Haar
ist lang geworden.
Der Zucker hat sein Augenlicht beinahe
vollständig zerstört, weil er nie nach
der Krankheit gelebt hat.
Der Zucker hat auch die Venen in seinen
Beinen zerstört und er ist sehr wackelig
auf den Füssen.
Doch am allerschlimmsten ist die
Depression.
Ich gebe Niemandem die Schuld,
ausser ihm selbst.
Denn jeder Mensch hat eine Wahl.
Oft jedoch wünsche ich mir, dass
er an jenem Tag, als er die Menschen
reden hörte,
die Tür zur Gaststätte
geöffnet hätte und ihnen ins
Gesicht geschaut hätte.
Ich gebe Niemandem die Schuld.
Es war seine Entscheidung.
Menschen sind so,
sie reden,
meist, um von sich selbst abzulenken.
Jeder tut das.
Manchmal tritt man damit
jemanden, der schon lange am
Boden liegt und sich selbst
bereits zermartert.
Ich gebe Niemandem die Schuld.
Papa hat so entschieden.
Nur manchmal wünschte ich einfach,
dass die Menschen wüßten, warum er
auf einmal anders wurde…
Mein Papa war ein großer Mann.
Mein Papa ist ein guter Mann,
Mein Papa ist ein sehr kranker Mann.
Und ich habe große Angst um ihn.
Mein Papa ist ein großzügiger Mann,
Mein Papa lebt in der Vergangenheit,
weil die Gegenwart zu weh tut.
Mein Papa straft sich selbst für seine “Fehler”,
mehr als die Worte anderer es je könnten.
Mein Papa ist immer noch laut,
aber nicht mehr fröhlich;
weil er sein Herzenslicht verloren hat,
seinen Glauben an die Menschen
und vor allem an sich selbst.
Und mein Herz tut weh,
wenn ich das seh.
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